You are most welcome – Globale Krisen

Seine Bilder erzählen von menschlichen Schicksalen

„You are most welcome – Globale Krisen“ ist der Titel einer beeindruckenden Ausstellung mit Werken von Jens Grossmann, die derzeit in den Räumen der Gesellschaft für Jugendbeschäftigung zu sehen ist.

Text: Von Alexandra Fliieth
Foto: Rainer Rüffer
www.fnp.de

Die junge Frau hat die Hände vors Gesicht geschlagen, die Finger nur leicht geöffnet. Ein braunes Auge blickt traurig in die Kamera von Jens Grossmann, das andere bleibt verdeckt. Der Fotojournalist (44) hat in seinem beruflichen Alltag viele schwere Schicksale gesehen, das der jungen Frau hat ihn sehr bewegt.

Im Auftrag international tätiger Hilfsorganisationen wie der Welthungerhilfe bereiste Grossmann fast 60 Länder, in denen die Menschen auf humanitäre Hilfe und Unterstützung angewiesen sind. Viel Leid und Verzweiflung hat er in dieser Zeit gesehen, Menschen, gezeichnet von Krieg, Naturkatastrophen und Gewalt. Viele hat er auch persönlich kennengelernt. Hat erfahren dürfen, dass diese Menschen trotz allem ihre Herzlichkeit behalten haben. Und er hat sie fotografiert. Eine Auswahl seiner Bilder ist derzeit in den Räumen der Gesellschaft für Jugendbeschäftigung (GJB) unter dem Titel „You are most welcome – Globale Krisen“ ausgestellt.

Vergewaltigt

Dort hängt auch die Fotografie der jungen Frau, die ihr Gesicht verstecken möchte. Grossmann traf sie auf einer Reise in den Ostkongo. „Sie war am Tag zuvor durch Rebellen vergewaltigt worden und befand sich in einem Krankenhaus, dem einzigen innerhalb von zwei Landkreisen, an dem betroffene Frauen Hilfe finden können“, schildert er.

„Der Ostkongo ist Rebellengebiet und die Rebellen haben absolut keine moralischen Maßstäbe mehr“, erzählt Grossmann. Während seines Aufenthaltes musste er selbst immer sehr vorsichtig sein. „Ich finde es wichtig, dass über die Situation vor Ort berichtet wird. Es ist das Land mit der weltweit höchsten Vergewaltigungsrate. Es ist die Hölle.“ Obwohl das Land große Vorkommen an Diamanten, Gold und Erdöl besitze, leidet die Bevölkerung Hunger. „Seit Jahrzehnten herrscht dort Krieg, es gibt zahlreiche Massaker“, beschreibt der Fotojournalist die Situation.

Momentaufnahmen

Seine Fotografien sind beeindruckend. Es sind Momentaufnahmen, die stellvertretend für das Leben vieler Menschen in Ländern wie Kongo, Afghanistan, Pakistan, Bangladesch, Indien, Philippinen oder Haiti stehen. Grossmann gibt diesen Schicksalen mit seiner Arbeit ein Gesicht. Entstanden sind die ausgestellten Fotografien in den vergangenen 15 Jahren.

„Wenn ich unterwegs bin, ist es mir wichtig, dass ich mir die Umgebung anschaue, mir Zeit nehme, höflich und respektvoll den Menschen gegenüber begegne“, erzählt Grossmann. „Ich gehe allein auf die Menschen zu, ohne einen Dolmetscher dabei zu haben. Auch meine Fotokamera zeige ich ganz offen.“ Die Sprache sei kein Hindernis, sagt Grossmann.

„Die Fotografien, die in unseren Räumen ausgestellt sind, behandeln Themen, mit deren Auswirkungen wir uns auch bei der GJB immer stärker beschäftigen“, sagt Geschäftsführerin Petra Lölkes. „51,3 Millionen Menschen wurden im vergangenen Jahr weltweit auf der Flucht gezählt. Das ist die höchste Zahl seit dem Zweiten Weltkrieg“, fügt sie hinzu. „Im Jahr 2012 erreichten 350 unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge Deutschland, in den ersten acht Monaten 2014 waren es bereits 614“, weiß Lölkes. Die GJB als Träger der Jugendhilfe könne hier unterstützende Angebote machen, arbeite derzeit mit dem Kolpinghaus zusammen. Wir entwickeln für zwölf unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge Qualifizierungsmaßnahmen“, erzählt Lölkes. Dazu brauche es eine Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung, bei den politischen Verantwortlichen und Verständnis und Unterstützung bei den Arbeitgebern.

Bescheidener geworden

„Durch meine Arbeit sehe ich das Leben bei uns viel entspannter. Viele regen sich hier leicht über Kleinigkeiten auf. Auf meinen Reisen habe ich gelernt, bescheidener zu sein und mich darüber zu freuen, was uns hier in Deutschland an Möglichkeiten geboten wird“, betont Grossmann, der vor kurzem zum ersten Mal Papa geworden ist. In bestimmte Krisengebiete würde er heute nicht mehr reisen. „Früher habe ich nur für mich Verantwortung getragen, nun habe ich Verantwortung für meine Familie.“

Die Ausstellung in den Räumen der GJB, Kurfürstenstraße 18, läuft noch bis Freitag, 24. Juli. Sie kann montags bis freitags von 10 bis 17 Uhr besichtigt werden. Der Eintritt ist frei.

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